Prof. Dr. Gunnar Stevens
Anne Weibert und ihr Team sind seit einigen Monaten des Öfteren zu Besuch in Dortmund und in Kreuztal bei Siegen. Sie treffen sich mit Seniorinnen und Senioren und Jugendlichen in Stadtteilzentren, um über etwas zu sprechen, das im Alltag so gut wie nie ein Thema ist: die Sicherheit und der Datenschutz im Internet. Anne Weibert kommt dort mit Menschen in Kontakt, die wenig über die Sicherheitsrisiken im Internet wissen. »Älteren Menschen fehlt oft die Erfahrung beim Umgang mit digitalen Diensten«, sagt sie. Jugendliche wiederum überschätz- ten sich häufig und klickten einfach drauf los. »Wir haben vor allem Menschen aus bildungsfernen Schichten und mit Migrationshintergrund im Blick. Denn wenn es darum geht, über die Risiken im Internet aufzuklären, sind sie meistens abgehängt – sei es wegen der Sprachbarriere, sei es, weil man sie nicht über die richtigen Kanäle anspricht.«
Zusammen mit Anne Weibert beschäftigen sich noch viele andere Kolleginnen und Kollegen an der Uni Siegen mit der Frage, wie man Menschen ein Gefühl für die Gefahren im Internet vermittelt und wie man sie medienkompetent macht. Prof. Dr. Gunnar Stevens, Bereichsleiter IT-Sicherheit und Verbraucherinformatik, erforscht unter anderem, wie sich Smart-Speaker und andere Geräte für das intelligente Haus sicherer machen lassen. Das Problem: In der Regel nutzt man solche Geräte, ohne lange über das Thema Sicherheit nachzudenken. »Tatsächlich aber sammelt ein Smart-Speaker viele Informationen über die Nutzer innen und Nutzer, ihre Vorlieben und Interessen«, sagt Gunnar Stevens. Zudem schicken die Geräte, wenn sie aktiv sind, Teile von Gesprächen oder Umgebungsgeräusche an die Server der Anbieter. Im Forschungsprojekt checkMyVA hat er solche Aufnahmeschnipsel – etwa Gesprächsfetzen, die während einer Party aufgenommen wurden – analysiert, um herauszufinden, inwieweit sie Informationen über bestimmte Themen oder intime und vertrauliche Inhalte verraten. »Was mit solchen Informationen geschieht, wissen wir im Detail nicht«, sagt Gunnar Stevens. »Das ist wie eine Blackbox.« In einer Studie, die im Projekt checkMyVA durchgeführt wurde, hätten Teilnehmerinnen und Teilnehmer berichtet, dass sie wenige Stunden nach Gesprächen zu bestimmten Themen gezielt Werbung zu entsprechenden Produkten erhalten hätten.
Im neuen Verbundprojekt SAM-Smart will Gunnar Stevens die User künftig knapp und verständlich über die Risiken aufklären. Denkbar wäre es, entsprechende Infos auf einem Bildschirm, auf dem Handy oder dem Fernseher zum Beispiel mit Grafiken darzustellen und zugleich konkrete Tipps für die Sicherheitseinstellungen zu geben. Daneben soll die Nutzung von Sprachassistenz-Systemen erforscht werden. Das Ziel: Die Nutzerinnen und Nutzer sollen den intelligenten Geräten künftig Fragen zu Sicherheitseinstellungen direkt stellen können.
»Die IT-Sicherheit wurde lange Zeit als rein technisches Problem betrachtet«, sagt Gunnar Stevens. Der Mensch sei ganz ausgeklammert oder schlicht als Gefahrenquelle betrachtet worden – man ging vom »dümmsten anzunehmenden User« aus. »Wir hingegen sehen den Menschen als Teil der Sicherheitsarchitektur. Wir wollen ihn dazu befähigen, zur Sicherheit beizutragen« – beispielsweise indem man Technik entwickelt, die sich selbst erklärt oder indem man die Nutzerinnen und Nutzer aufklärt.